"Einmal musst du nach Biel" ....

..so lautet der Titel eines Buches von Werner Sonntag, welches ein guter Ratgeber für "Erststarter" ist.
Werner Sonntag ist Journalist Buchautor und Laufpionier. Bis 2006 hat er 309 Marathons und Ultraläufe absolviert. Aber muss man wirklich nach Biel (Schweiz) und 100 km laufen? Vor zwei Jahren, als ich Hans und Dirk Dick dorthin begleitete, und damals "nur" den Marathon lief, stand für mich fest: Ich muss nicht nach Biel und 100 km laufen!

Der Keim fing erst im April dieses Jahres, nach dem Two Ocean Ultramarathon (56km), an zu sprießen. Es war ein toller Lauf und ich bin sehr gut durchgekommen. Nun dachte ich, wenn der Rennsteig mit seinen 73 km im Mai auch so gut läuft, könnte ich Biel versuchen. Und so erzählte ich, meiner "besseren Hälfte", einige Tage nach dem Rennsteiglauf von meinem Vorhaben. Er war sofort bereit mich mit dem Rad zu begleiten.

Am 17.06.11 errreichten wir um 16:30 Uhr Biel und meldeten uns nach, stärkten uns mit teuren Spagetti, und legten uns danach ins Auto um etwas zu schlafen.

Dann war es soweit, wir gingen ca. 900 m zum Start. Dort trafen wir Antje Krause vom Ultra Sport Club Marburg. Antje war zum 3.Mal in Biel am Start und hat auch sonst schon einige Ultras gelaufen. Sie war sehr überrascht mich zu sehen, wünschte mir Glück und sagte: "Es wird aber nicht aufgegeben". Pünktlich um 22 Uhr wurden dann ca. 1200 Läufer/innen am Kongresshaus unter Beifall der vielen Zuschauer und Radbegleiter, (Coach) , auf den langen Weg geschickt.

Meine Nacht der Nächte begann.

In einen Laufbericht hatte ich gelesen, man soll keine Angst vor dem Lauf haben. Respekt ja! Und das Wichtigste, man soll sich auf den Lauf einlassen und mit ihm eins werden. Das sollte auch meine Devise sein. Kurz nach dem Start fing es an zu Regnen, nach einigen Kilometern war ich pitsch nass, es war kalt und meine Stimmung fast bei null. Dazu machte mein Magen-Darm Trakt wieder Probleme und ich musste öfters in die Büsche hüpfen. Bei einem dieser "Ausflüge" hat sich mein Chip von der Startnummer gelöst. Gott sei dank fand ich diesen schnell wieder.

In Aarberg, am Ziel des Halbmarathons, war viel los und die Stimmung trotz Dauerregen sehr gut. Ein paar Kilometer weiter warteten Hans und die anderen Radbegleiter. "Herzlichen Glückwunsch", sagte Hans - wozu? Ach ja, es war nach 24 Uhr und mein Geburtstag. Ich wollte mich gerne umziehen, aber es ist noch zu früh, -meinte mein Coach. Der Regen ließ später nach und meine Stimmung besserte sich etwas. Die Verpflegung unterwegs war sehr gut und überall sind freundliche Helfer zu sehen. Alle 5 km waren ausgeschildert und ich war froh über jedes Schild, welches ich hinter mir lies. Von der Strecke kann ich nicht viel erzählen, es war ja dunkel. Weit vor uns sah man die Rücklichter der Radfahrer. In einigen Ortschaften wurde kleine Feste gefeiert und ein paar "Partygäste" jubelten den Läufern zu.

Wir erreichten Oberramsen, hier war vor 2 Jahren nach dem Marathon Schluss für mich. Ich konnte mich in den Shuttlebus setzen und nach Biel zurück fahren, jetzt hatte ich noch 58 km zu laufen. Es wird ruhiger auf der Strecke, jetzt sind nur noch die 100er und die Staffeln auf der Strecke. Die Beine wurden langsam schwer, aber ich kam gut voran und war froh Hans in der Nähe zu haben. Ich weiß gar nicht mehr was ich alles unterwegs gedacht habe, die Kilometer "flogen" vorbei und der nächste größere Ort war Kirchberg bei km55. Hier konnte man offiziell aussteigen und wurde auch gewertet.

Kurz hinter Kirchberg mussten die Radbegleiter für ca. 10km die Strecke verlassen, denn es ging auf den gefürchteten Ho-Chi-Minh-Pfad (Emmendamm). Ich hatte schon viel darüber gehört und gelesen, aber nach dem Rennsteig fand ich diese Passage nicht so schlimm. Ja es war ein schmaler Pfad mit vielen Steinen gespickt und es ging wohl rechts und links die Böschung hinunter: ohne Stirnlampe unmöglich. Einige Läufer sind vor mir, welche ich aber nach und nach überholen konnte. Man musste schon sehr aufpassen. Als ich den Emmendamm verlassen hatte und auf asphaltierten Weg weiterlaufen konnte, standen die Radbegleiter Spalier und applaudierten.

Wo war Hans, hat er mich nicht gesehen?

Ich laufe weiter, es wird doch nichts passiert sein? Nach einigen Kilometern war er dann wieder an meiner Seite. Er hatte einen Platten und musste erst den Reifen flicken.

Es wird langsam hell und ich kann etwas von der schönen Landschaft sehen. Bei KIlometer 78 sind wir in Bibern angekommen. Hier war wieder eine Verpflegungsstelle und Wechselpunkt für die Staffeln. Jetzt erwartet mich eine lange Steigung, ich freute mich hier gehen zu können. Oben ging es zunächst etwas wellig weiter und dann ca. 2 km bergab. Klasse!



Wir kommen ins Tal und die Strecke führt an dem Fluss Arch entlang. Jetzt ist es mir zusehends schwerer gefallen, die Hüfte tat weh, das Schienbein und alle Muskel meiner Beine schreien nach aufhören. Ich dachte darüber nach, ging ein Stück, aber nein, weiterlaufen. Hans versucht mich zu motivieren, er wusste ja genau wie es mir ging. Jetzt im Hellen schaue ich öfters auf die Uhr, ich bin 4 bis 5 Minuten unter 10 Stunden. Genial, aber es sind noch 15 km. Und die nächsten 5 km waren wohl die Schwersten für mich, aber dann sehe ich das Schild 90 km. Super "nur" noch 10km. Noch einmal Powergeel und Wasser.

Die Kilometer gingen zwar langsam vorbei aber mir geht es wieder viel besser und ich spüre nichts mehr von Schmerzen. Meine 4 Minuten plus habe ich immer noch und Hans meinte ich würde es bestimmt unter 10 Stunden schaffen. Das wäre ja fantastisch.

Es war schön am Fluss entlang zulaufen, alles flach. Gott sei dank. Dann sah ich das 99 km Schild, schnell noch ein Foto und weiter. Man hörte schon den Stadionsprecher. Ich genieße diesen letzten Kilometer. Gänsehaut, Tränen, Lachen, Winken. Ich habe die 100km in Biel geschafft und das in einer tollen Zeit von 9:55:37.



Im Ziel beglückwünscht mich Hans, auch Heiko Krause (Ehemann von Antje) gratuliert mir und meint: Fast hättest Du noch Dieter Baumann eingeholt. Antje wurde Gesamt 5. in einer Zeit von 9:08:39. Ich schaffte es als 10. noch unter die "Top Ten", was besonders geehrt wurde.



Wenn ich gefragt werde, ob ich es noch einmal machen würde. Ja ich würde! Vielleicht nicht in Biel, es gibt bestimmt noch viele schöne andere Läufe. Vielleicht ein Etappenlauf. Mal sehen. Ich hatte bis jetzt ein tolles und erfolgreiches Laufjahr und bin froh dass die Gelenke mir keine Schwierigkeiten machen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Ja ich denke es stimmt: Irgendwann muss man nach Biel


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