Der Ossonoba Trail in Estoi (nahe Faro) fand am 5. Mai 2019 zum fünften Mal statt. Angeboten
wurden drei Distanzen. Der "caminhada" über 8 km ist ein "Spaziergang" (Walking), der hier auf der iberischen Halbinsel von ganzen Familien und Gruppen gemeinschaftlich mit viel Spaß absolviert
wird. Der "Trail curto" über 16 km mit ca. 600 Höhenmetern ist dann schon recht anspruchsvoll. Dennoch starten auch hier noch sehr viele Läufer, die einfach nur Spaß haben wollen und für die die Endzeit zweitrangig ist. Der "Trail longo" ist dann 31 km lang und es müssen 1270 Höhenmetern überwunden werden.
Der Start- und Zielbereich wurde vom veranstaltenden Verein mit viel Einsatz am Tag vor dem Start aufgebaut. Freudig vermeldete man per Facebook nachts um 1:18, dass alles für die Läufer vorbereitet sei.
Das eigentliche Abenteuer beim Trailrunning in Portugal oder Spanien ist, dass man nicht ahnen kann was einen wirklich erwartet. Die Streckenlängen sind schon mal aus "Sicherheitsgründen" ein wenig länger. Die Höhenmeter lassen sich überhaupt nicht bewerten, da die Strecken mit unseren deutschen Trails nicht vergleichbar sind. Das Wetter und das Klima stellen ebenso erhöhte Anforderungen ans Herz-/Kreislaufsystem. Der Untergrund wechselt ständig und es ist alles dabei, was es den Füßen schwer macht (Geröll, Felsen, verschiedene Arten von Sand und bewachsenem Boden). Die Strecke ist mit Bändern markiert und oft ist auch keinerlei Weg zu erkennen. Auch die Einheimischen verpassen mal einen Abzweig, obwohl es beim zweiten Hingucken doch eigentlich ausreichend markiert ist. Die volle Konzentration ist auf den Untergrund gerichtet und dennoch muss man auch immer die Streckenführung im Auge behalten. Es wird fast grundsätzlich der direkte steile Weg auf einen Gipfel gelaufen, Serpentinen scheinen unbekannt zu sein. Bach- und Flussläufe, die wenn man Glück hat ausgetrocknet sind, werden gerne in den flacheren Streckenabschnitten eingebaut. Dies alles führt dazu, dass man eine realistische Endzeit kaum vorhersagen kann. Meiner Erfahrung nach kann man etwa 50% Streckenlänge für eine Endzeitprognose draufrechnen. Das subjektive Empfinden und die Endzeit bei den 31 km liegen eher über dem eines normalen Marathons. Aber all das macht ja auch den Reiz aus und ist der Grund dafür sich auf ein solches Laufabenteuer einzulassen.
Ich bin diesen Lauf schon einmal im Jahr 2017 gelaufen. Dabei lag die Besonderheit für mich darin, dass ein Teil im Dunkeln mit Stirnlampe gelaufen werden musste. Das war in allen vier vorangegangen Editionen auch so gewesen. Man startete den 30er um 18.00 Uhr und ab 19.30 Uhr
wurde es dunkel. Spätestens um 20.00 Uhr war es dann stockfinster. Die meisten Läufer benötigten mindestens dreieinhalb Stunden, so dass auf jeden Fall eineinhalb Stunden mit Licht gelaufen werden mussten.
Aber in dieser 5. Edition wurde erstmals morgens um 8.30 Uhr gestartet und so hatte ich die Chance die zweite Hälfte der Strecke dieses Mal im Hellen zu sehen. Wie auch bei deutschen Trailläufen häufig üblich, ist der Startbereich abgesperrt und man wird beim Einlass auf das Mitführen der Pflichtausstattung überprüft. Hier waren es nur ein paar Gegenstände, da der Faktor Wetter anders als in den Alpen keine große Rolle spielte. Ein Liter Wasser, ein Becher, eine Pfeife und das Mobiltelefon mussten vorhanden sein. Kurz vor Start gab es noch die obligatorische Wettkampfbesprechung in portugiesischer Sprache, bei der mitgeteilt wurde, dass die Streckenlänge aus Sicherheitsgründen auf 32 km geändert werden musste. Pünktlich fiel dann der Startschuss und es folgte eine kurze Runde durch den kleinen Ort mit ein paar Treppen und einer Runde durch den Schlosspark vom "Palacio de Estoi". Hier wurden extra für die Läufer zwei sonst verschlossene Tore geöffnet. Nach etwa einem guten Kilometer war das mittlerweile schon auseinandergezogene Feld auf dem Trail angekommen.
Das Streckenprofil, das allen Teilnehmern auf dem unteren Rand der Startnummer aufgedruckt immer zur Verfügung stand, zeigte dann gleich den ersten langen steilen Anstieg an.
Es ging nun einen steilen Hang hoch zum "Cerro do Malhao", der eine Höhe von 346 Meter hat. Der Start lag bei 95 Metern, also gerade mal nur 250 Höhenmeter. Jedoch mussten auch hier schon die Hände zum Klettern eingesetzt werden und man war froh den Gipfel erreicht zu haben. Es folgten nun wechselnde Passagen, ein ständiges Auf und Ab kennzeichnete die nächsten 10 Kilometer. Der Untergrund wechselte ständig und war durchgängig sehr kräftezehrend.
Ab jetzt zeigte sich immer wieder der zweite markante Punkt der Runde, der "Cerro do Guilhim" (ein Gipfel mit einem weißen Turm). Doch es wurde ständig wieder abgebogen und ein weiterer welliger Umweg genommen, bevor es dann endlich in den zweiten steilen und langen Aufstieg ging. Belohnt wurde man dort oben mit einen traumhaften Blick auf Faro und die Küste. Doch es ging sofort wieder extrem steil bergab, um dann, fast an der Autobahn angekommen, wieder kehrt zu machen, um eine
andere Flanke des Berges hochzulaufen. Diesmal zwar nicht bis ganz nach oben, aber dennoch ein weiterer Kraftakt. Die Untergründe forderten die Füße sehr und obwohl es jetzt wieder nach unten ging, sollte der für mich härteste Teil im relativ flachen Terrain kommen. Eingeleitet wurde das Ganze mit der Unterquerung der Autobahn in einer Röhre, in der normalerweise ein kleiner Fluss fließt.
Dieser war zum Glück fast ausgetrocknet und man lief nur 50 Meter durch knöcheltiefes Wasser. Aber danach führte die Strecke für weitere zwei Kilometer nur durch ausgetrocknete Flussbetten mit unterschiedlichstem Geröll und Bewuchs. Laufen war für mich unmöglich geworden, ich fand einfach keine Möglichkeit sichere Tritte zu landen. Das konnten die einheimischen Läufer, mit denen ich den dritten Verpflegungspunkt erreicht hatte, wesentlich besser. Sie zogen davon und ich musste trotz flacher Passage gehen und verlor Zeit. Aber Sicherheit war mir einfach wichtiger. Dieser Streckenabschnitt fehlte bei meinem ersten Start, und ich denke im Dunkeln wäre dieser auch extrem gefährlich gewesen. Nachdem dieser Abschnitt absolviert war, folgte schon der letzte große Anstieg. Hier konnte ich dann doch wieder ein paar davongezogene Läufer einsammeln. Oben angekommen bot sich der nächste spektakuläre Ausblick in Richtung Küste und es begann der abschließende Downhill in Richtung Ziel. Der Trail endete plötzlich und nicht voraussehbar auf einer Asphaltstraße, bevor es den letzten Kilometer überwiegend über Kopfsteinpflaster durch den Ort Estoi zum Ziel ging.
Im Ziel angekommen wurden alle Läufer herzlich begrüßt. Helfer entfernten die ausgegebenen Zeitnahme-Chips von den Schuhen und überreichten die Finisher Medaillen. Nett wurde man aufgefordert, sich an der reichhaltigen Zielverpflegung zu erfrischen. Es gab eine riesige Auswahl an Obst, Kuchen, Gebäck, Nüssen und vielem mehr. Ebenso waren reichliche Getränke vorhanden.
Schön war es für mich anzusehen, dass es fast keinen Müll gab, da jeder seinen eigenen Becher benutzte und so keine Einwegbecher zum Einsatz kamen. Hier ist der Traillauf dem Staßenlauf aus meiner Sicht voraus.
Besonders positiv fiel mir im Zielbereich das große Display auf. Hier konnte jeder Läufer seine Endzeit und Platzierung sofort sehen. Tatsächlich hatte es bei mir dann doch zum ersten Platz in meiner
Altersklasse, den portugiesischen "Veteranos" M55, gereicht. Die Siegerehrungen fanden im Anschluss auf der eigens aufgebauten Bühne statt.
Mein Fazit nach diesem tollen Erlebnis-Lauf: Ich kann nur empfehlen auch mal dort einen Lauf zu absolvieren, an dem man sonst nur Urlaub macht. Es müssen nicht immer die großen Internationalen Events, wie beispielsweise der New York Marathon, der MIUT (Madeira) oder der Transvulcanica (La Palma) sein. Solche kleineren regionalen Events bieten für eine niedrige Startgebühr eine Menge. Es gibt alles was das Läuferherz begehrt. Man entdeckt bei einem solchem Traillauf garantiert Orte, die man sonst nie sieht und kommt mit Menschen auf eine besondere herzliche Art in Kontakt. Und durch das Internet ist es tatsächlich möglich diese Laufveranstaltungen frühzeitig zu finden.
Am besten wählt man im Zweifel lieber die kürzere Streckenlänge, damit man alles gelassen und entspannt genießen kann. Die Endzeit und der Platz sollten egal sein, da man gegen die "Locals" in der Regel kaum eine Chance hat. Aber gerade die Trailläufer sind weltweit eine besonders nette und hilfsbereite Gemeinschaft, mit der man schnell ins Gespräch kommt, auch wenn man nicht die Sprache spricht.
C.B.